Die Wiedervereinigung

Neue fliegerische Freiheiten

Seit 1952 war es im Wesentlichen nicht mehr möglich, sich frei über die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zu bewegen, 1961 wurde schließlich die Mauer in Berlin gebaut. Bis zur Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland im Jahr 1990 vergingen fast 40 Jahre – eine lange Zeit, in der Flieger die innerdeutsche Grenze als ADIZ – Air Defense Identification Zone (Flugüberwachungszone) – mit einem bis zu fünf Kilometer tiefen Sperrgebiet meiden mussten, und die in der Nähe beheimateten Luftsportvereine besonderen Regelungen unterlagen.

Zwei legendäre Ereignisse rund um die deutsch-deutsche Grenze bleiben in Erinnerung, beide aus dem Jahr 1981: von Westen aus der Flug der D-3645, einer Ka 8b, am 15. April dieses Jahres. Die Pilotin, eine Flugschülerin, startete vom Flugplatz Höpen bei Schneverdingen aus und überquerte östlich von Braunschweig irrtümlich die Grenze, 130 Kilometer vom Startort entfernt. In der Nähe des Ortes Beendorf wurde sie von in der DDR stationierten Hubschraubern der sowjetischen Armee zur Landung gezwungen. Die Pilotin konnte knapp drei Wochen später durch den Grenzübergang Herleshausen nach Westdeutschland zurückkehren. Das Flugzeug wurde am 13. Mai wieder an den Verein übergegeben, die Gebühren beliefen sich auf 3.000 DM. Die Ka 8 befindet sich heute im Privat-Besitz in Perleberg (Brandenburg).

Von Osten aus bemerkenswert war der Fluchtversuch des Dr. Gerhard Wagner mit seiner Frau und drei Kindern. Er hatte in langer und geheimer Arbeit aus Einzelteilen unterschiedlichster Herkunft ein Flugzeug mit 9 Metern Spannweite und 580 kg Startmasse gebaut, um seine Familie und sich in Freiheit zu bringen. Leider verhafteten die DDR-Behörden sie am Tag vor der geplanten Flucht. 1982 wurde die Familie nach einjähriger Haft in die Bundesrepublik abgeschoben. Das türkisgrüne Flugzeug – einer im ehemaligen Ostblock weit verbreiteten Farbe – erinnert in seiner Form an ein Hochdecker-Segelflugzeug und kann heute im Deutschen Museum in München bewundert werden.

02 LS4 Start2Nach dem Mauer- und Grenzfall freuten sich die Piloten aus Ost und West, Erkundungsflüge und Besuche in beide Richtungen zu unternehmen. Ein neues Gefühl der Freiheit entstand, und Freude über neue Flugerlebnisse über bisher unbekannten Landschaften. Dafür steht die umseitige Luftaufnahme der LS4 über Schwerin, die von Holger Weitzel vom Hamburger Verein für Luftfahrt (HVL) gemacht wurde. Die LS4 wird von Olaf Brückner gesteuert, der ursprünglich aus Schwerin stammt und heute im HVL am Segelfluglatz Boberg fliegt.

Im Hintergrund ist das schöne Schweriner Schloss zu sehen, dasWahrzeichen der kleinsten Landeshauptstadt Deutschlandsmit weniger als 100.000 Einwohnern. Das Schloss war bis 1918 eine Hauptresidenz der mecklenburgischen Herzöge und Großherzöge und ist seit 1990, dem Jahr der Wiedervereinigung, Sitz des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin wurde erstmalig bereits um 1012 erwähnt und entwickelte sich rund um das Schloss herum am West- und Südufer des Schweriner Innensees. Für die Flieger interessant ist der Sonderlandeplatz Pinnow, 10 Kilometer östlich der Stadt. Der Flugplatz hat zwei Grasbahnen in den Ausrichtungen 11/29 sowie 01/19 und 500 sowie 800 Metern Länge. Hinweise auf die Luftfahrt finden sich in Schwerin außerdem durch die Präsenz der FlammAerotec GmbH & Co. KG mit 230 Mitarbeitern, die Zulieferteile für den Airbus herstellen.

Als Infrastrukturmaßnahme ist der 30 Kilometer entfernte „Schwerin-Parchim International Airport“ zu sehen, der eine 3.000 Meter lange befestigte Piste vorzuweisen hat und ab 2014 rund um die Uhr insbesondere für Luftfracht-Verkehr geöffnet sein soll. Die nächsten größeren Städte sind Lübeck 50 Kilometer nordwestlich und Rostock im Nordosten, und die Ostseeküste ist nur 35 Kilometer Luftlinie von Schwerin entfernt. In Mecklenburg-Vorpommern finden sich außerdem sehenswerte Orte mit luftfahrthistorischer Bedeutung: Anklam, Geburtsort von Otto und Gustav Lilienthal, und Peenemünde als Erprobungsstelleder Luftwaffe von 1936 bis 1945.

Muster / Technical Data LS 4b
Rumpflänge / Fuselage length: 6,83 m
Rumpfbreite / Fuselage width: 0,64 m
Rumpfhöhe / Fuselage height: 0,83 m
Spannweite / Wing span: 15,00 m
Streckung / Aspect ratio: 21,4
min. Flächenbelastung / min. wing loading: ca.32 kg/m2
max. Flächenbelastung / max. wing loading: 50 kg/m2
Leergewicht / empty weight: 245 kg
max. Fluggewicht / max. take-off weight: 525 kg
max. Zuladung / max cockpit load: 110 kg
beste Gleitzahl / best glide ratio: ca. 41
geringstes Sinken / min. sink rate: ca. 0,59 m/s
Höchstgeschwindigkeit / max. speed: 270 km/h
Überziehgeschwindigkeit / min. speed: 68 km/h

 

Photos: © Holger Weitzel und Text: © Susanne Schödel

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Handing Over the Calender

Nineteen years ago I acquired the internationally acclaimed annual Soaring Calendar from the then publisher Bauverlag of Wiesbaden. Since then, the annual Soaring Calendar flew on to continued success, supported by numerous amateur and professional photographers. With the support of its readers, our calendar now has an amazing 50-year track record, for which we offer our heartfelt thanks.

50 years Soaring Calendar -  thank you!

For personal reasons it is now time for me to pass the baton to the next generation; and I am delighted that Brigitte Gabler of publishers Gabler-Verlag in Switzerland has picked it up. Frau Gabler also publishes the magazine Segelfliegen and completely shares my and your wish for high quality and content.

With effect from 1 September 2019 the Gabler Verlag will deal with all aspects relating to orders for the calendar. You as a customer will benefit greatly from Frau Gabler’s publishing experience. The 2020 issue of the Soaring Calendar has been produced by my regular team of helpers, though this year there can unfortunately be no Junior Soaring Calendar. I wish you continued enjoyment from this delightful product and Frau Gabler all success.

Brigitte Gabler
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